Kann ich noch ohne schlechtes Gewissen reisen? Diese Frage treibt mich gerade um. Sie beschäftigt mich unterschwellig schon eine ganze Weile, aber bisher habe ich sie immer wieder erfolgreich verdrängt. Doch jetzt sitze ich an unserer Reiseplanung für dieses Jahr und BAM, da ist es wieder, dieses latent ungute Gefühl. Es ist ehrlich gesagt ein Dilemma, denn einerseits möchte ich auf das Reisen nicht verzichten, denn ich will die Welt und ihre Wunder mit eigenen Augen sehen und erleben. Andererseits bin ich mir bewusst, dass ich damit auch einen enormen Footprint verursache. Darum habe ich mich auf die Suche gemacht nach Angeboten und Tools, die mir bei der Frage “Wie kann ich nachhaltiger reisen?” helfen können und mir die Planung (und mein Gewissen) erleichtern.
Nachhaltiger reisen mit gutem Gewissen
Es gibt eine von Booking.com in Auftrag gegebene Studie, die besagt, dass 71% der Deutschen nachhaltiger reisen möchten, ich bin also nicht allein. Komischerweise findet sich aber auf Deutschlands größtem Reiseportal keine Möglichkeit, zum Beispiel Hotels nach gewissen Nachhaltigkeitskriterien auszuwählen. Sind das also alles doch nur Lippenbekenntnisse, weil am Ende der Preis das Umweltbewusstsein schlägt? Möglich. Aber was die großen Portale noch nicht schaffen, das bieten einige kleinere Seiten, welche speziell Reisen und Unterkünfte im Programm haben, die entweder ein Nachhaltigkeitszertifikat vorweisen können oder in anderer Weise umweltfreundlich agieren. Das ist doch mal ein Anfang.
Portale für nachhaltiges Reisen
Bisher habe ich noch nicht über diese Portale gebucht, die ich im Netz gefunden habe. Aber ich denke, es lohnt sich, zumindest einmal einen Blick darauf zu werfen. Die Auswahl ist leider nicht riesig, aber es ist ein erster sinnvoller Ansatz. Und einige der Angebote sehen tatsächlich sehr einladend aus.
Darüberhinaus gibt es auf dem Portal atmosfair einen CO2 Footprint Rechner, mit dem ich den CO2 Ausstoß für jede Reise berechnen kann. Außerdem besteht hier auch die Möglichkeit, diese Emissionen mit einer Spende zu kompensieren. Das Geld wird verwendet, um Klimaschutzprojekte weltweit zu unterstützen. Das ist sicherlich eine gute Idee, auch wenn der leichte Hauch des Ablasshandels darüber weht, finde ich. Aber es ist immerhin ein erster Schritt.
Reiseplanung in Zeiten des Klimawandels
Ich glaube, der wirkliche Schlüssel für nachhaltigeres Reisen liegt schon in der Reiseplanung selbst. Das beginnt bei der Auswahl des Reiseziels und des Verkehrsmittels, geht bei der Entscheidung für das eine oder andere Hotel weiter und beinhaltet auch den respektvollen Umgang mit dem Land und den Menschen vor Ort. Und vielleicht sind es gerade Reisende im gehobeneren Segment, die hier etwas bewirken können. Denn Nachhaltigkeit kostet nun einmal etwas. Die Investitionen, die ein Hotel oder ein Resort dafür tätigen muss, um nachhaltige Maßnahmen umzusetzen und den Angestellten faire Löhne zu zahlen, müssen wieder erwirtschaftet werden, schlagen sich also unweigerlich auf den Preis nieder. Das ist in weniger preissensiblen Segmenten sicherlich besser und schneller umsetzbar.
Meine Fragen bei der Reiseplanung
Wie viele Fernreisen im Jahr müssen dürfen es denn sein? Oh, was für eine Luxusfrage! Aber nur, weil Zeit und Mittel zur Verfügung stehen, muss ich noch lange nicht mehrmals im Jahr um den halben Globus fliegen, oder? Auch wenn ich dieses Jahr gerne wieder nach Afrika möchte, Europa mit seiner unglaublichen Vielfalt hat so viel zu bieten und zu entdecken. Vielleicht ist es auch an der Zeit, den Weg wieder mehr zum Ziel zu machen. Damit meine ich, schon die Anreise mit Stops und Erkundungen spannend zu gestalten und nicht wie ein Wahnsinniger möglichst schnell von A nach B zu rasen.
Und wie sieht es am Reiseziel selbst aus? Gibt es dort Brutaltourismus mit Bettenburgen bis zum Himmel oder wurde vor Ort bei der Planung Rücksicht auf Land und Leute genommen? Abgesehen davon, dass ich niemanden kenne, der sich freiwillig Bettenburgen als Urlaubsziel aussuchen würde, ist es doch viel schöner, in kleineren Hotels abzusteigen oder in Resorts, die sich in die Landschaft schmiegen. Zwei Anbieter von kleinen, feinen oft familiengeführten und wirklich besonderen Hotels, die ich sehr empfehlen kann sind
Welche Reiseziele kann ich gut mit der Bahn erreichen? Klar, das ist sicher etwas unbequemer als mit dem eigenen Wagen und die Bahn hat viel aufzuholen, wenn es um Komfort und Pünktlichkeit geht. Trotzdem, gerade innerdeutsche Ziele sind, glaube ich, ganz gut per Bahn machbar.
Und wenn ich doch mit dem Flieger reise? Natürlich bleibt der Flieger Transportmittel Nr. 1, wenn die Distanzen größer werden. Wir sind im März in Valencia, das erreichen wir realistisch gesehen weder mit der Bahn noch mit dem Auto in annehmbarer Zeit. Darum bleiben wir auch länger, als nur ein Wochenende. Denn Kurzreisen mit dem Flieger gibt es für mich in Zukunft wohl eher selten, wenn ich mit meinem Vorhaben Ernst machen will. Für ein Wochenende zum Shoppen nach London oder New York? So verführerisch das auch klingt, aber nein, nicht für mich. Und für alle anderen Flugreisen gibt es dann eben die Kompensationszahlungen …
Blogs für nachhaltiges Reisen
Bei den Bloggern ist das Thema nachhaltiges Reisen schon viel länger angekommen, als auf den großen Portalen. Was viele Große noch nicht so hinbekommen, darüber berichten unter anderem diese Blogs sehr interessant und vor allem mit dem glaubwürdigen Touch der persönlichen Erfahrung:
Beatrice hat ihren Blog Reisezeilen ganz dem nachhaltigen Reisen gewidmet.
Anja von Travelontoast hat eine Rubrik für zum Thema nachhaltiger reisen.
Steven von Funkloch bloggt ebenfalls darüber.
Und meine liebe Bloggerkollegin Katrin von Hilgerlicious berichtet auch über ihre Reisen.
Mein Fazit zum Thema nachhaltiger reisen
Wenn ich mir das so ansehe, ist es gar nicht so einfach, sein Verhalten zu überdenken, anzupassen und die guten Vorsätze dann auch umzusetzen. Ob ich alles, was ich mir vornehme auch immer schaffen werde? Wahrscheinlich nicht, ich heiße ja nicht Greta. Aber ich werde es auf alle Fälle versuchen. Das ist immerhin der erste Schritt. Und damit beginnt ja bekanntlich jede Reise …
Ich freue mich wie immer über Dein Feedback und Deine Meinung zu diesem Thema. Wie reist Du und vor allem, hast Du noch Tipps für mich? Ich bin gespannt.
Meine nächste Reise geht übrigens nach Dresden zum Semperopernball … und ich muss gestehen, die Bahn kam mir erst als zweites in den Sinn (Asche auf mein Haupt!) Aber jetzt sind die Tickets mit der DB gebucht und ich freue mich schon sehr auf das Erlebnis.
Herzlichst,
Deine Martina
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Wie recht du hast. Ein sehr bemerksamer Beitrag. Ich bin dafür verantwortlich, dass 13 Segler nach Griechenland fliegen. Darf ich das?
Lieber Eckhard,
ob Du das darfst entscheidest Du selbst … und vielleicht denkt ihr ja über eine Emissionsabgabe nach. Und über das Seegras beim Ankern 😉 Aber das weißt Du ja alles eh.
Liebe Grüße
Martina
Hallo Martina.
vielen Dank für deinen Beitrag! Ich selbst setze mich auf meinem Blog auch mit dem Thema nachhaltiges Reisen auseinander. Du hast Recht, es ist immer ein Spagat zwischen Umwelt und Budget. Wenn jede Person, die den Beitrag liest, sein/ihr Reiseverhalten reflektiert und bewusst handelt, haben wir einen großen Beitrag für die Umwelt geleistet!
Liebe Grüße
Sonja
Ein wunderbarer Artikel in Zeiten des Umdenkens mit zahlreichen und sinnvollen Tipps und Anregungen. Vielen Dank!
Liebe Erika,
vielen Dank! Mit dem Bewusstsein für Alternativen fängt alles an. Nicht immer ist jede Idee auch umsetzbar, aber es ist wie gesagt ein Anfang …
Liebe Grüße
Martina
Danke für diesen interesanten Beitrag, glaubst du es reicht schon wenn ich innerhalb von Deutschland Urlaub mache und mit dem Zug reise? Weil ich glaub das kleinere Hotels nie angeben wie umweltfreundich sie sind, weil ihnen einfach das Geld für einen unabhängigen Test fehlt.
Liebe Grüße,
Leon
Hallo, vielen Dank für den tollen Beitrag. Mir ist es immer wichtig eine Kombination aus günstigen Hotels, die trotzdem nachhaltig sind zu buchen. Ich denke, dass jeder, der sich dahingehend bemüht, einen tollen Beitrag für den Klimaschutz liefert.