Ich bin immer auf der Suche nach spannenden Geschichten und Menschen, die diese erzählen. Am liebsten höre ich Stories, die zeigen, dass es sich im Leben lohnt, den Mut zu haben gegen den Strom zu schwimmen. Neues zu wagen. Der eigenen inneren Stimme zu folgen. Genau so eine Geschichte kann Tina Fricke erzählen. Sie ist Modedesignerin und hat vor vier Jahren ihren gut bezahlten Job als Head of Creative Design bei Boss Orange aufgegeben, weil sie dort unzufrieden war. Heute hat sie ihr eigenes Modelabel AYASSE, das sich auf Ledermode spezialisiert hat und ist glücklich.
***Kooperation aus Überzeugung***
Ich besuche Tina Fricke in ihrem Atelier hoch oben an den Hängen von Stuttgart. Von der Dachterrasse aus kann man über die ganze Stadt sehen – was für ein Ausblick. Bevor wir mit unserem Interview beginnen, gibt es erst einmal einen Cappuccino mit Hafermilch und ein entspanntes Gespräch über Gott und die Welt. Eine Frau ganz nach meinem Geschmack …
Bei einem eigenen Modelabel denkt man ja ganz schnell an Stars wie Victoria Beckham, die Millionen im Kreuz haben und ihren bekannten Namen werbewirksam vermarkten können. Aber Tina hat weder Millionen auf dem Konto noch einen bekannten Namen. Wie hat sie es also geschafft, dort zu sein, wo sie heute steht?
Interview Tina Fricke, Gründerin des Labels Ayasse
Tina, Du hast lange in der Modeindustrie gearbeitet und hattest einen gut bezahlten und interessanten Job als Head of Creative Management bei Boss Orange. Trotzdem hast Du diesen vor vier Jahren aufgegeben, um Dein eigenes Label Ayasse zu gründen, das auf Ledermode spezialisiert ist. Zuerst einmal, was heißt Ayasse eigentlich?
Das ist ganz unkreativ … es ist der Name meines Lebens- und Geschäftspartners. Ein Name aus Frankreich, der einfach schöner klingt als Fricke. Darum haben wir uns entschieden, den zu nehmen.
Warum hast Du einen sicheren, gut bezahlten Job mit Prestige als Head of Creative Management bei Boss Orange aufgegeben, um in die Untiefen der Selbständigkeit zu springen?
Diese Entscheidung kam nicht von heute auf morgen. Es war eine Entwicklung, ein Prozess. Ich habe Modedesign studiert mit dem Gedanken, etwas Gutes zu machen, schöne Produkte. In den zwölf Jahren bei Boss Orange habe ich viel gelernt, es war super. Zum Ende jedoch hatte ich keine Kontrolle mehr über das Produkt. Ich hatte keinen mehr Einfluss darauf, wie und wo welche Waren eingesetzt werden. Mein Job und mein Einflussbereich waren auf das Design und vor allem wirtschaftliche Aspekte wie die Margen reduziert.
Das widersprach meiner Philosophie eines guten Produkts. Denn dazu gehört für mich mehr als das reine Design. Für mich ist auch wichtig zu wissen, wo ein Produkt herkommt, wo und wie es produziert wird. Ich möchte Einfluss haben darauf und eingreifen können, wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen und Werten läuft. Irgendwann war mir klar, bei meinem Job bei Boss Orange werde ich diese Kontrolle nie mehr wiederbekommen. Deshalb stand nach einiger Zeit für mich fest, dass ich dort keine Zukunft habe. Ich musste etwas anderes machen. Die finale Entscheidung, bei Boss Orange aufzuhören, fiel dann tatsächlich von heute auf morgen. Es war eine Bauchentscheidung.
Mut, den eigenen Weg konsequent zu gehen
Dazu bracht man eine ganze Portion Mut dazu. Du bist gegen den Strom geschwommen, denn Du hast die Sicherheit für die Freiheit aufgegeben und Deine eigene Komfortzone dabei wahrscheinlich meilenweit hinter Dir gelassen. Davor habe ich großen Respekt. Wie bist Du mit dieser Situation umgegangen?
Darüber habe ich mir damals ehrlich gesagt gar nicht so viel Gedanken gemacht, das war vielleicht mein Vorteil.
Trotzdem, Deine laufenden Kosten wie Miete etc. musstest Du ja weiterhin bezahlen …
Ich war davon überzeugt, dass ich auf alle Fälle etwas machen werde oder einen anderen Job finde, bei dem ich genug Geld verdiene. Ich hatte auch nicht von Anfang an den Gedanken, ein eigens Label zu gründen. Zuerst wollte ich freiberuflich für andere Firmen arbeiten. Im ersten Jahr arbeitete ich für einen chinesischen Kunden und war abgesichert. In diesem Jahr merkte ich dann allerdings, ich komme vom Regen in die Traufe. Erst da hat sich der Gedanke an ein eigenes Label in meinem Kopf festgesetzt und ich bin parallel zu meiner freiberuflichen Tätigkeit die ersten Schritte in Richtung Gründung gegangen. Vor allem meine Produzenten, aber auch Bekannte haben mich dazu ermutigt.
Mein großes Ass im Ärmel war und ist mein sehr gutes Netzwerk an tollen Produzenten, die mich unterstützt und ermutigt haben, mein eigens Label aufzubauen. Das hat mich dann überzeugt.
Letztendlich war also Deine Motivation, zu zeigen, dass es in der Modeindustrie auch einen anderen Weg gibt, als die großen Marken und Produzenten ihn gehen (mit fragwürdigen Produktionsbedingungen und einem enormen Fokus auf die Margen) so groß, dass Du die Hürden in Deinem Kopf über den Haufen geworfen hast.
Ja, diese Motivation war sehr groß und die Unterstützung der Produzenten ebenfalls. Mit meiner jahrelangen Erfahrung in der Modeindustrie kann ich heute auch meine Zulieferer dazu bringen, Dinge anders zu machen und dort hin zukommen, wo ich hin möchte. Es gibt noch viel zu tun in der Lederindustrie, aber wir sind auf einem guten Weg.
Leidenschaft für Ledermode
Warum ausgerechnet Leder?
Ich hatte schon immer eine große Affinität zu Leder und in diesem Bereich viel Erfahrung gesammelt. Das ist meine Kernkompetenz. Ich möchte ein Produkt anbieten, das fair und umweltfreundlich produziert wurde und an dem die Kundin lange etwas hat. Meine Ledermode soll auch in zehn Jahren noch tragbar sein.
Was machst Du anders, um Deinen eigenen Ansprüchen an fair produzierte und tragbare Ledermode gerecht zu werden?
Bei Ayasse kennen wir jeden Schritt der Produktion vom Design bis hin zum Verkauf. Alle Rohwaren kommen aus Europa, aus Spanien, Italien und Frankreich. Ich weiß wo sie gegerbt und wie sie gegerbt werden und ich kenne alle unsere Produktionsstätten. Unsere Lederjacken und –hosen werden in einem Betrieb hier um die Ecke genäht, zu dem ich fast mit dem Fahrrad fahren kann. Alle Lammfellmodelle kommen aus einem mittelständischen Familienbetrieb in Istanbul, in dem die Produktion fair abläuft. Mit der Familie dort ist in der Zwischenzeit eine richtige Freundschaft entstanden. Wir arbeiten eng zusammen und befruchten uns gegenseitig im kreativen Sinn.
Leder ist ja ein nicht unumstritten. Du selbst isst kein Fleisch, sondern ernährst Dich pflanzenbasiert. Ist das nicht ein großer Widerspruch?
Nicht für mich. Ich persönlich möchte die Massentierindustrie nicht unterstützen, das läuft für mich in die falsche Richtung. Dennoch wird viel Fleisch gegessen und die Felle fallen in Massen an, sind ein Nebenprodukt des Fleischkonsums. Statt sie zu verbrennen können sie doch sinnvoll verwertet werden. Und zwar verantwortungsvoll und mit Blick auf Mensch und Umwelt.
Das heißt, das Leder und die Lammfelle, die bei Ayasse verwendet werden sind zu 100% ein Beiprodukt der Lebensmittelherstellung?
Ja, zu 100%. Unsere Aufgabe ist es, die Leder, die wir verwenden so nachhaltig zu gerben und zu verarbeiten, wie möglich. Das ist das Versprechen an unsere Kundinnen.
Könntest Du Dir Deine Styles auch mit „Ersatzprodukten“ wie Kunstleder oder Fake Fur vorstellen? Denn das scheint momentan ja das Allheilmittel für die modebewusste Kundin zu sein, die weder Leder noch echtes Fell tragen möchte?
Nein, das kann ich nicht. Wir verarbeiten ausschließlich natürliche Materialien, das ist eine unserer Kernkompetenzen. Außerdem bin ich absolut kein Fan von Fake Fur. Das ist keine Alternative für mich. Denn man muss auch bedenken, die meisten Fake Fur Produkte werden aus Polyester gefertigt, der oft aus China kommt. Wer weiß, unter welchen Bedingungen er dort hergestellt wird. Außerdem schadet Polyester der Umwelt mehr, als jedes Lederprodukt an sich. Denn Polyester ist ein erdölbasiertes Produkt. Er ist nicht abbaubar, ähnlich wie Plastikflaschen verrottet er nicht.
Zurück zu Dir. Wie waren denn die Reaktionen Deiner Freunde und Familie auf Deine Entscheidung bei Boss Orange zu kündigen und Dich selbständig zu machen.
Die Reaktionen waren überwiegend positiv. Von den wenigen Zweiflern habe ich mich erst einmal abgeschottet, denn für mich gab es keine Alternative zu dem Weg, für den ich mich entschieden hatte. Es ist mein Leben.
Hast Du manchmal Angst vor der eigenen Courage?
Am Anfang nicht, da war ich Gott sein Dank vielleicht auch ein bisschen naiv. Aber neben dem Design und der Herstellung unserer Modelle gibt es natürlich auch die Vermarktung. An diesem Punkt wird es schwieriger. Das ist für mich die größte Herausforderung.
Was machst Du, wenn Dich Ängste plagen?
Ich gehe auf die Yogamatte und entspanne bei langen Spaziergängen im Wald. Das hilft mir, meine eigene Stimme zu hören. Die ist für mich die beste Ratgeberin. Am Anfang habe ich tatsächlich andere gefragt … in der Zwischenzeit höre ich nur noch auf mein Bauchgefühl, denn das hat mich bisher nie im Stich gelassen.
Vier Jahre Selbständigkeit, mit allen Höhen und Tiefen. Würdest Du heute mit der Erfahrung, die Du gesammelt hast, den gleichen Weg wieder gehen?
Vielleicht würde ich ein paar Dinge anders machen, aber auf alle Fälle würde ich wieder gründen.
Was würdest Du den Frauen raten, die sich schon länger mit dem Gedanken tragen, in ihrem Leben grundlegend etwas zu verändern und es bisher noch nicht gewagt haben?
Sie sollten auf alle Fälle auf die eigene innere Stimme hören und sie ernst nehmen. So ein Wunsch nach Veränderung kommt selten von heute auf morgen. Am Anfang ist die innere Stimme noch leise, aber sie wird immer lauter werden. Höre auf Dein Bauchgefühl und werfe die Bedenken über Bord. Dafür gibt es leider keinen Masterplan.
Noch eine Frage zum Schluss: Du nennst Deine Produkte eine kleine Wohlfühloase. Warum?
Das habe ich von einer Kundin übernommen, die hat zwei Kinder. Sie erzählte, dass sie meine Modelle immer dann besonders gerne trägt, wenn gerade etwas nicht so läuft, wie sie es sich vorstellt. Dann zieht sie Ayasse an und fühlt sich gut und sicher. Eine kleine Wohlfühloase hat sie es genannt. Ich fand das sehr schön und habe es für mich übernommen, auch nachdem andere Kundinnen es bestätigt haben. Das liegt wahrscheinlich vor allem an dem möglichst naturbelassenem und elastischen Material und den bequemen Schnitten.
Tina, vielen Dank für das Interview. Jetzt kann ich es kaum erwarten, in ein paar Deiner wundervollen Kreationen zu schlüpfen …
Ledermode. Dafür steht AYASSE
Pur-sinnlich-nachhaltig, so kann man die Kollektion von Ayasse beschreiben.
Ayasse steht für langlebige, zeitlose Lederprodukte die eine Geschichte erzählen. Und die sich nicht verbrauchen. Die heute genauso wie morgen ihre Trägerin begleiten und ihr ein großartiges Gefühl geben.
Ayasse steht aber auch für einzigartigen Service! Persönliche Beratung und Pflegetipps gehören genauso zu unseren Produkten wie gutes Design.
***Ein Wort zur Transparenz: Für dieses Interview ist kein Geld geflossen. Im Sinne des Gesetzes ist es trotzdem Werbung. Für mich aber ist es ein Anliegen, meinen Leserinnen Produkte und Menschen, die ich spannend und interessant finde, vorzustellen. Auch dafür schreibe ich diesen Blog.
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Liebe Martina, hört sich toll an. Ich habe immer allergrößter Respekt vor Menschen, die sich selbstständig machen um ihre Ideen zu verwirklichen.
Liebe Grüße
Heike
Liebe Heike,
Tina ist wirklich eine sehr sympathische Frau und eine tolle Designerin. Ich wünsche ihr viel Erfolg mit Ayasse.
Liebe Grüße
Martina
Hallo Martina
ja in Zeiten wie diesen gehört viel dazu in der Modebranche zu bestehen. Ohne schon bestehendes Netzwerk ist das kaum zu schaffen. Frau Fricke kennt die Branche sicher in- und auswendig. Der abgebildete Mantel ist sensationell schön – entwerfen und produzieren ist eine Sache – man muß ja auch die entsprechenden Kunden dafür finden – ich freue mich immer wenn ich Mode abseits des Mainstream sehe ! Alles Gute für Frau Fricke. Liebe Grüße Gabi