Ich mache täglich Fotos und verlasse selten das Haus ohne meine Kamera dabei zu haben. Sie ist mein stiller Begleiter; immer bei mir, um den Augenblick einzufangen. Bilder sind ein wichtiger Teil meiner Kommunikation. Sie beeinflussen mich in meiner Wahrnehmung der Umwelt sowohl positiv als auch negativ. Das Bild, das ich mir von Menschen und Situationen mache, ist durch ein Foto vielleicht noch stärker geprägt, als Worte es vermögen. Zumindest im ersten Augenblick. Umso wichtiger finde ich, sie auch immer wieder zu hinterfragen. Denn hinter jedem Bild steckt ein Mensch, der auf den Auslöser drückt …
… wer ist der Mensch vor und hinter der Kamera
… warum wurde das Bild genau so aufgenommen
… welche Botschaft vermittelt es
Genau diese Fragen stellt die Fotoausstellung „Fragende Blicke“ im Museum Fünf Kontinente in München, die ich vor Kurzem besucht habe. In dieser Ausstellung werden ethnografische Fotografien aus einer Zeit gezeigt, als Forscher und Reisende begannen „exotische Völker“ mit der Kamera zu begleiten und einem Publikum zuhause näherzubringen. Die Fragestellungen rund um die gezeigten Exponate sind dabei heute mindestens genauso wichtig wie damals, als die Fotografie noch nicht jedem zugänglich war und nicht täglich Millionen neuer Bilder im Netz landen.
Fotografie ist eine bewusste Entscheidung
Für die Portraitfotografie habe ich mich bewusst entschieden, weil ich Menschen mag. Und ich liebe es, wenn meine Kunden ihre fertigen Bilder sehen und diese ihnen ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn ich es schaffe, sie durch meine Augen so zu sehen, wie sie sich gefallen und schön finden. Wenn ich vielleicht sogar ihr eigenes Bild von sich positiv beeinflussen kann. Dann habe ich mein Ziel erreicht und die Bilder entfalten ihre volle Kraft. Mit meiner Kamera produziere ich Pixel in einer Datei, mit meinem Herz und meinem Verstand erzähle ich Geschichten über Menschen.
“Wir nehmen Bilder nicht mit unseren Kameras auf, sondern mit unserem Herz und unserem Verstand.” Arnold Newman
Jede Fotografie läuft durch einen persönlichen Filter
Dabei schwingt bei jedem Foto, das ich mache und bearbeite auch immer ein Teil von mir mit, der in die Arbeit einfließt. Meine Sichtweise auf den Menschen vor der Kamera ist beeinflusst von meinem Verständnis von Ästhetik, von Emotionen, meinen Erfahrungen und von der Situation, in der ich mich befinde. Jedes Foto läuft durch meinen ganz persönlichen Filter.
Und so geht es jedem Fotografen. Ich behaupte, kein Foto kann jemals die objektive Wahrheit erzählen. Denn als Fotograf habe ich es in der Hand. Ich entscheide zum Beispiel, wann ich den Auslöser drücke, welches Bild und welchen Bildausschnitt ich wähle, also was ich zeige und was ich weglasse. Ich entscheide, wie ich das Bild bearbeite. Am Ende zeigt das Bild MEINE Version von den Menschen oder Situationen, die ich fotografiere.
Fotografie ist Verantwortung
Darum ist die Fotografie auch immer mit Verantwortung verbunden. Bei mir als Portraitfotografin liegt diese Verantwortung vielleicht eher im Kleinen, aber was ist mit den Fotoreportern, die in den Krisengebieten dieser Welt unterwegs sind, mit den Fotografen und Kameramännern und -frauen, die uns täglich in den Nachrichten aktuelle Bilder ins Haus liefern? Wie groß muss für sie die Herausforderung sein, die eigenen Emotionen und Ansichten zur Seite zu schieben und über Freud und Leid mit ihren Bildern so neutral wie möglich zu berichten. Ohne ihre Arbeit gäbe es die Medien in ihrer modernen Form nicht. Ich ziehe meinen Hut vor diesen Männern und Frauen.
Aber nicht nur als Fotografin habe ich eine Verantwortung, auch als Konsumentin versuche ich mein Hirn einzuschalten. Dabei ist es egal, ob ich Fashionmagazine durchblättere, in denen schöne Frauen schlank und faltenfrei von meist männlichen Fotografen perfekt in Szene gesetzt wurden oder ein Politmagazin lese, das mir auch mit eindrucksvollen Bildern die aktuellen Entwicklungen in der Welt näherbringen möchte. Die Fragen „… wer ist der Mensch vor und hinter der Kamera“, „… warum wurde das Bild genau so aufgenommen“, „… welche Botschaft vermittelt es“ geben mir ein besseres Verständnis. Und wenn nötig, den richtigen Abstand.
Ich möchte das Schöne zeigen
Ich persönlich möchte die Macht der Bilder nutzen, um das Schöne in der Welt zu zeigen. Um meine Kundeninnen und Kunden strahlen zu lassen und auf Still Sparkling das Leben zu feiern. Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt und sehe jeden Tag ihre Schönheit, ganz real. Und wenn ich es schaffe, auch nur einen Bruchteil davon mit meiner Kamera festzuhalten, dann bin ich glücklich. Wie gut, dass eine Fotoausstellung mich daran erinnert hat.
„Lebendige Fotografie lässt Neues entstehen, sie zerstört niemals. Sie verkündet die Würde des Menschen. Lebendige Fotografie ist bereits positiv in ihren Anfängen, sie singt ein Loblied auf das Leben.“ Bernice Abbot
Die Ausstellung “Fragende Blicke” im Museum Fünf Kontinente in München läuft noch bis zum 30.6.2019.
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Fotocredit: Das Foto der weiblichen American Native habe ich im Museum Fünf Kontinente aufgenommen.
Das ist soooo wahr ich könnte über Stunden mit dir dieses große Thema diskutieren (glaube ich jedenfalls).Hier in Stockholm im Fotografikmuseum gibt es jeden Monat neue Denkanstöße und immer einen Besuch wert!Vielen Dank für deine Ganzheitlichen Beiträge ,Marion
Liebe Marion,
das Fotografiemuseum in Stockholm ist phantastisch. Ich habe dort einmal eine Robert Mapplethorpe Ausstellung gesehen, die mich tief beeindruckt hat.
Liebe Grüße nach Schweden
Martina